Geschichte
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1858 gründeten singfreudige Männer in Friesenheim den "Singverein" , so wie das in Oggersheim, Oppau oder Mundenheim zuvor schon geschehen war, gerade mal 5 Jahre nach dem Ludwigshafen selbstständige Gemeinde wurde und 7 Jahre bevor die heutige BASF ihren kometenhaften Aufstieg begann.
Nur 10 Jahre danach folgte die Gründung der "Concordia Friesenheim". Deren musikalische Leiter hatten ihr Augenmerk auf die Pflege des Kirchengesangs gerichtet, was ihre Orientierung zum katholischen Teil der Bevölkerung erklärt. Mit der Angliederung eines Frauenchors wurden die Concordianer zum gemischten Chor, was 6 Jahre später zur Spaltung führte und zur Gründung des Pfarrcäcilienvereins, des heutigen Kirchenchors von St. Gallus. Und noch ein dritter Verein mischte sich 1874 in das Friesenheimer Sängerleben, der "Männergesangverein Friesenheim", von welchem kaum Unterlagen die bewegten Zeiten überlebten. Nach dem Ersten Weltkrieg fusionierte der MGV mit dem Singverein.
Die Gesangvereine waren in dieser frühen Zeit die gesellschaftlichen Mittelpunkte des Ortsgeschehens. Konzerte, Bankette und Vereinsfeiern fanden in den zahlreichen Säälen der Wirtschaften statt. Großereignisse waren jeweils die Sängerfeste.
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts ergriff eine neue Leidenschaft auch die Friesenheimer Sänger: Die Gesangswettstreite. Dabei entwickelten sich der Singverein und die Concordia als wahre Preisjäger. Der Chronist der Concordia schildert den unbeschreiblichen Jubel am Bahnhof, bei der Rückkehr der Sänger aus Pirmasens, wo sie den "höchsten Ehrenpreis", einen Goldpokal des Prinzregenten Luitpold, ersungen hatten. Der 1. Weltkrieg hinterließ natürlich eine tiefe Zäsur, jedoch erholten sich die Gesangvereine recht schnell und erlebten trotz Besatzung, Separatistenzeit, Inflation und Arbeitslosigkeit eine wahre Blütezeit. Concordia und Singverein standen beide mit jeweils 125 Sängern auf der Bühne. Es begann die Zeit der großen Sängerreisen und der Sängerbundesfeste. Friesenheimer waren immer dabei.
Herausragend waren auch die Chorleiter beider Vereine, bei der Concordia Paul Häring, beim Singverein war es Prof. Artur Berg, ein weit über die Grenzen Ludwigshafens bekannter Musiker. Immer Größer und immer anspruchsvoller war die Devise dieser Zeit. Trotz starker Einzelchöre gründeten beide (natürlich politisch gewollt) eine Arbeitsgemeinschaft. Mit über 200 Sängern bestritt man Konzerte mit dem Pfalzorchester im städtischen Gesellschaftshaus, im Jahnsaal, im Vereinshaus der BASF und im Hindenburgpark, wie der Ebertpark vorübergehend hieß.
Mit dem Ende des Zweiten Weltkrieges und der Genehmigung durch die Besatzungsmacht beginnt 1947 die eigentliche Geschichte der Chorgemeinschaft Friesenheim. Bei der Arbeitsgemeinschaft war man sich näher gekommen und beiden Vereinen war klar geworden, dass angesichts der Lücken, die der Krieg hinterlassen hatte, nur ein gemeinsamer Weg weiterführen konnte.
Zwei Namen verkörpern die Verschmelzung beider Vereine: Im musikalischen Bereich - Ludwig Senestrey, bereits seit 1930 Dirigent des Singverein und von Seiten der Vereinsführung - August König, der mit großer Erfahrung schon seit Ende des 1. Weltkriegs die Concordia führte. Er wurde außerdem Vizepräsident des Pfälzischen Sängerbundes, dessen Wiedergründung er mitgestaltete. König und Senestrey agierten jeweils 34 Jahre lang in ihren Spitzenämtern.
Zu Beginn der 50er Jahre hatte man die schlimmste Nachkriegszeit überwunden. Mit einem sehr guten Schubert-Konzert im Rheingold-Kino, einem hervorragenden Stundenkonzert beim Sängerbundesfest in Mainz und einem Konzert mit Kompositionen von Rudolf Desch beim Pfälzischen Sängerbundesfest in Frankenthal hatte man schnell wieder musikalisch zu hoher Leistungsfähigkeit zurück gefunden. Mehrere Rundfunkaufnahmen folgten. Beim 100-jährigen Jubiläum im BASF Feierabendhaus stand dem Männerchor mit 129 Sängern ein extra zum Jubiläum gebildeter Frauenchor mit 100 Sängerinnen zur Seite. Eine neue Phase der Chorarbeit begann bei der Kooperation mit dem Beethovenchor. Sie bescherte den Sängern unvergessliche Höhepunkte, mit Dirigenten und Solisten allererster Güte. Giuseppe Verdi's Requiem folgte Bachs Mathäus-Passion. Die Frage, inwieweit diese Ausflüge in ein fremdes Genre dem Männerchor in seiner Substanz abträglich war, wird immer unbeantwortet bleiben.
Inzwischen hatte auf Vorstandsseite mit Kurt Nothaft und Karl Werling eine neue Ära begonnen, die sich mit Bruno Herrmann im musikalischen Bereich fortsetzte. Zwischen die jährlichen großen Konzerte im BASF-Feierabendhaus schoben sich immer wieder große Oratorien- und Orchesterkonzerte: Das "Deutsche Requiem" von Brahms, Orff's "Carmina burana", Beethovens 9. Sinfonie, und immer wieder das Verdi'sche "Requiem".
Ein Kinderchor wurde gegründet, geleitet von Hans-Jürgen Schaupp, der zu seiner Blütezeit weit über 50 Kinder musikalisch vereinte und mit der Versetzung von Lehrer Schaupp leider wieder einschlief. Sängerfreundschaften wurden geschlossen mit Vereinen im schwäbischen Großbottwar, mit Krems in der Wachau und dem badischen Friesenheim. Sängerfahrten führten nach Dijon und Paris, an den Bodensee, später in die Heimat unseres Ehrenmitgliedes Franz Kehl in den Schwarzwald, nach Tramin, Dessau und in jüngerer Zeit zu den Sängerbundesfesten nach Köln, Frankfurt, Berlin Frankfurt und Stuttgart, sowie nach Tiszaújváros in Ungarn.
Prominenter Schirmherr des 125-jähigen Jubiläums war Bundes-kanzler Dr. Helmut Kohl, der beim Festakt in der MPG-Aula die Festansprache hielt und auch zusammen mit seiner Gattin unser Festkonzert besuchte. Ein Gegenbesuch im Kanzleramt war war Schlusspunkt unserer Fahrt zum Bundesfest in Köln. Wegen der Erkrankung Bruno Herrmanns war das Festkonzert mit dem Süd-westfunkorchester vom Mai in den Dezember verschoben worden. Die Aufzeichnung im SWR war unsere letzte Rundfunkaufnahme. Es war gleichzeitig das letzte große Konzert unter Bruno Herrmann, der nach 21 Jahren bei der Chorgemeinschaft 1985 in London an den Folgen einer Herzoperation verstarb. Mit dem Abschluß des Jubiläumsjahr ging auch die erfolgreiche Ära Nothaft/Werling zu Ende.
Gerd Wenz übernahm mit neuer Mannschft die Steuerung der Chorgemeinschaft Friesenheim. Nach einem 2-jährigen Intermezzo mit Chorleiter Wolfram Scharf und einem tollen Musical-Konzert, wurde mit dem jungen Wolfram Sauer ein Nachfolger gefunden, dem es gelang, trotz der immer offensichtlicher werdenden Probleme in vielen Chören, mit unserem Männerchor künstlerische Highlights zu setzen:
- Konzert mit Startenor Heinz Hoppe - 1989
- Opernkonzert - 1992
- Stabat mater von Rossini - 1995
- Es-Dur-Messe von Schubert - 1998
1992 erfolgte die Gründung, unter der Leitung von Gerd Wenz, eines eigenständigen Frauenchors. Es war ein weiterer Meilenstein in der traditionsreichen Geschichte der Chorgemeinschaft. Innerhalb eines Jahres war der Chor auf 50 Sängerinnen angewachsen. Nach kleineren Auftritten bei Serenaden und Friesenheimer Konzerten stand er erstmals 1994 mit den Männerchor auf der Bühne im BASF-Feierabendhaus beim Benefizkonzert für die Organisation CARE, die musikalische Leitung hatte Wolfram Sauer. Beide Chöre trugen nun in gleichem Maße zu dem aktiven Chorleben des Vereines bei. Danach wurde mit Ellen Hagenbuch eine erfahrene Chorleiterin gefunden, die aus gesundheitlichen Gründen nach 5 Jahren ausschied. Ihr folgte Jörg Martin Schreieck-Hans nach.
An dieser Stelle sollten auch zwei Gruppen positive Erwähnung finden, die neben den beiden Chören ein eher inoffizielles Dasein fristeten, für den großen Zusammenhalt jedoch ein ganz gewichtiges Element darstellten: Der „Seniorenchor“ und die „Schobbesänger“.
Zwei Konzerte wurden Anfang des 21. Jahrhunderts noch im großen Konzertsaals des Pfalzbaus veranstaltet, das Konzert „Von Klassik bis Pop“ mit beiden Chören und dem Orchester der BASF-Mitarbeiter (2000) und die Brahms-Kantate „Rinaldo“ (2005). Mit unserem Jubiläumskonzert zum 150. Bestehen des Männerchors waren wir nach Oppau ins Bürgerhaus umgezogen, das, wie in der Folgezeit auch alle Friesenheimer Kirchen, einen angemesseneren Konzertrahmen bildeten. Wolfram Sauer hatte zwischenzeitlich auch die Leitung des Frauenchors übernommen. Es folgten mehrere Kooperationen mit anderen Chören wie dem MGV Solingen Wupperhof, dem Liederkranz Oppau oder dem Männerchor Grabenstädt aus dem Chiemgau, meistens verbunden mit Konzerten und jeweiligen Gegenbesuchen. Nach 27 Jahren sehr erfolgreicher Zusammenarbeit verließ Chorleiter Wolfram Sauer seinen Friesenheimer Chor.
Als sein Nachfolger übernahm Jürgen Schumacher 2015 die Leitung der beiden Chöre und der Zielsetzung mit beiden ein neues Repertoire aufzubauen. Auch die administrative Vereinsführung bekam mit Andreas Bungartz 2017 ein neues Gesicht, der Gerd Wenz nach 32 Jahren abgelöst hatte. In Zusammenarbeit mit dem MGV 1873 Mutterstadt, der ebenfalls von Jürgen Schumacher geleitet wird, entstand 2018 ein beeindruckendes Weihnachtskonzert mit Solisten und Orchester, das in beiden Gemeinden zur Aufführung kam.
Es sollte unser vorläufig letztes Konzert gewesen sein, denn das für Mai 2020 eingeplante „Abschiedskonzert“ für die beiden Einzelchöre, Frauen- und Männerchor, die beide ein letztes Mal auftreten sollten, um künftig nur noch als gemischter Chor zu agieren, fiel leider in die nunmehr einjährige CORONA-Zwangspause. Und wie lange die noch andauern wird, steht in den Sternen. In der erzwungenen Chorpause verlies uns auch Herr Schumacher. Doch sein inzwischen verpflichteter Nachfolger, Herr Franz-Josef Magin, musste sich leider nach nur einer einzigen Chorprobe (mit Abstandsregeln) dem zweiten CORONA-Lockdown beugen.
Autor: G.Wenz. 02/21 Bilder: CGF, W.Schlerka